Ammoniumdichromat (7789-09-5) Physikalische und chemische Eigenschaften
Ammoniumdichromat
Anorganisches Oxidationssalz, das als Reagenz und Zwischenprodukt in der Pigmentherstellung, Oberflächenbehandlung und analytischen Fertigung eingesetzt wird; Handhabung erfolgt unter kontrollierten Prozess- sowie QA/QC-Bedingungen.
| CAS-Nummer | 7789-09-5 |
| Familie | Anorganische Dichromate (Chrom(VI)-Salze) |
| Typische Form | Kristalliner Feststoff (leuchtend orange-rot) |
| Gängige Qualitäten | Analytical Reagent, BP, EP, USP |
Ammoniumdichromat ist ein anorganisches Salz des Dichromatanions und der Ammoniumkationen; es gehört zur Chromat-/Dichromat-Klasse der sechswertigen Chromverbindungen. Strukturell wird es am besten als \(\ce{Cr2H8N2O7}\) (stöchiometrisch \(\ce{(NH4)2Cr2O7}\)) formuliert und besteht aus zwei \(\ce{NH4+}\)-Gegenionen und dem \(\ce{Cr2O7^{2-}}\)-Anion, das Chrom im Oxidationszustand +6 enthält. Das Dichromatanion zeigt delokalisierte Oxo-Bindungen über das Cr–O-Gerüst und besitzt ein hohes formales Redoxpotenzial, welches wesentlich die Reaktivität und Gefahren des Stoffes bestimmt.
Elektronisch sind die Cr(VI)-Zentren starke Oxidationsmittel und das Salz ist ionisch sowie hochpolar; das kristalline Material ist ein leuchtend orange-roter Feststoff mit geringer Flüchtigkeit und vernachlässigbarer Lipophilie. Wässrige Lösungen sind aufgrund der Dichromat-/Chromat-Gleichgewichte und des Ammoniumgehalts sauer; gemessene verdünnte Lösungen zeigen einen schwach sauren pH-Wert. Bei Kontakt mit Reduktionsmitteln oder organischem Material wirkt die Verbindung als starkes Oxidationsmittel und kann eine heftige oder selbstunterhaltende Zersetzung mit Freisetzung von Stickoxiden, Ammoniak und Chrom(III)-oxid-Rückständen verursachen. Berufliche und umweltbezogene Relevanz wird vom toxikologischen Profil von Cr(VI) bestimmt: Inhalation und Hautkontakt sind mit respiratorischer Sensibilisierung, Dermatitis, Organtoxizität und karzinogenem Risiko verbunden; viele Anwendungen sind aus diesem Grund eingeschränkt oder zurückgezogen worden.
Für diesen Stoff werden übliche Handelsqualitäten angegeben: Analytical Reagent, BP, EP, USP.
Grundlegende physikalische Eigenschaften
Dichte
Gemeldete Dichten für den Feststoff umfassen \(2.155\ \mathrm{g}\,\mathrm{cm}^{-3}\) bei \(25\,^\circ\mathrm{C}\) und \(2.15\) bei \(77\,^\circ\mathrm{F}\) (wie berichtet). Das Material ist dichter als Wasser und sinkt in \(\ce{H2O}\).
Schmelz- oder Zersetzungspunkt
Ammoniumdichromat zeigt keinen klassischen Schmelzpunkt; es zersetzt sich beim Erhitzen. Angegebene Zersetzungstemperaturen sind „Zersetzt sich bei 180 °C“ und der Zersetzungsbeginn wird nahe \(180\,^\circ\mathrm{C}\) beschrieben, wobei sich die thermische Zersetzung bei etwa \(225\,^\circ\mathrm{C}\) selbstunterhaltend ausbreitet. Die thermische Zersetzung ist exotherm und kann als Flamme durch eine Großmenge fortschreiten, dabei entsteht ein voluminöser Rückstand aus Chrom(III)-oxid (\(\ce{Cr2O3}\)).
Löslichkeit in Wasser
Die Löslichkeit in \(\ce{H2O}\) ist erheblich und temperaturabhängig. Repräsentative gemeldete Werte (verschiedene Quellen) sind: - 35,6 g/100 g \(\ce{H2O}\) bei \(20\,^\circ\mathrm{C}\) - In Wasser (wt/wt): 15,16 % bei \(0\,^\circ\mathrm{C}\); 26,67 % bei \(20\,^\circ\mathrm{C}\); 36,99 % bei \(40\,^\circ\mathrm{C}\); 46,14 % bei \(60\,^\circ\mathrm{C}\); 54,20 % bei \(80\,^\circ\mathrm{C}\); 60,89 % bei \(100\,^\circ\mathrm{C}\) - In Wasser: 30,8 g/100 mL bei \(15\,^\circ\mathrm{C}\); 89 g/100 mL bei \(30\,^\circ\mathrm{C}\) - Löslichkeit angegeben mit 36 g/100 mL bei \(20\,^\circ\mathrm{C}\) (als „gut“ bewertet)
Diese Werte zeigen eine deutlich steigende Löslichkeit mit steigender Temperatur und typisches Verhalten für ein ionisches anorganisches Salz.
Lösungs-pH (qualitatives Verhalten)
Wässrige Lösungen sind schwach sauer. Gemeldete pH-Werte: - 1 %ige Lösung: pH 3,95 - 10 %ige Lösung: pH 3,45
Die Säure resultiert aus dem Ammoniumkation zusammen mit den Dichromat-/Chromat-Gleichgewichten und Hydrolysetendenzen von Cr(VI) in Wasser.
Chemische Eigenschaften
Säure-Base-Verhalten
In wässrigen Medien beteiligt sich das Dichromatanion an Säure-Base-Gleichgewichten mit Chromat, was pH-abhängige Verteilungen von \(\ce{Cr2O7^{2-}}\) und \(\ce{CrO4^{2-}}\) hervorruft. Das Vorhandensein von \(\ce{NH4+}\) verleiht den verdünnten Lösungen eine schwache Säure, wie die oben angegebenen pH-Werte verdeutlichen. Das Salz ist kein Brønsted-Superacid oder -Base; seine vorherrschende Reaktivität ist redoxgetrieben und nicht protolytisch.
Reaktivität und Stabilität
Ammoniumdichromat ist ein starkes Oxidationsmittel. Es ist thermisch instabil oberhalb ca. \(180\,^\circ\mathrm{C}\); lokal erhöhte Temperaturen um ca. \(190\,^\circ\mathrm{C}\) können eine schnelle Zersetzung und Flammenausbreitung einleiten. Die Zersetzungsfolge erzeugt \(\ce{Cr2O3}\) (grüner Rückstand), Stickoxide und Ammoniak; eingeschränkte Zersetzung kann Behälter zerstören und bei Mischungen mit brennbaren organischen Stoffen zu heftigen oder explosiven Reaktionen führen. Gemeldete Unverträglichkeiten umfassen starke Reduktionsmittel, organische Materialien, Alkohole und Säuren; Entzünden durch Reibung oder Reaktion mit bestimmten organischen Stoffen (z. B. Ethylenglykol in Berichten) wurde beobachtet. Als Oxidationsmittel kann es Brände bei Mischung mit brennbaren Materialien verstärken.
Molekulare und ionische Parameter
Formel und Molekulargewicht
Molekulare Formel (berechnet): \(\ce{Cr2H8N2O7}\).
Häufig verwendete Strukturformel: \(\ce{(NH4)2Cr2O7}\).
Molekulargewicht (berechnet): \(252.07\ \mathrm{g}\,\mathrm{mol}^{-1}\).
Exakte/monoisotopische Masse: 251,914160 (wie berichtet).
Weitere berechnete Deskriptoren: Anzahl Wasserstoffbrückendonoren = 2; Anzahl Wasserstoffbrückenakzeptoren = 7; Anzahl drehbarer Bindungen = 0; topologische polare Oberfläche (TPSA) = 126; Anzahl schwerer Atome = 11; formale Ladung = 0; Komplexität = 194.
Konstituierende Ionen
Das kristalline Salz besteht aus Ammonium-Kationen \(\ce{NH4+}\) und dem Dichromatanion \(\ce{Cr2O7^{2-}}\). Chrom im Dichromatanion liegt im sechswertigen Oxidationszustand (Cr(VI)) vor, der Hauptfaktor für Redoxverhalten und Toxizität.
Identifikatoren und Synonyme
Registrierungsnummern und Codes
- CAS-Nummer: 7789-09-5
- EG-Nummer (Europäische Gemeinschaft): 232-143-1
- UN-Nummer / Versand: 1439 (Ammoniumdichromat)
- UN-Eigenschaftsbezeichnung: UN 1439; Ammoniumdichromat
- UN-Klassifikation: Klasse 5.1 (oxidierende Feststoffe), Verpackungsgruppe II (wie berichtet)
- UNII: 5J18BP595G
Chemische Identifikatoren (Strukturschlüssel und Strings):
- InChI: InChI=1S/2Cr.2H3N.7O/h;;2*1H3;;;;;;;/q;;;;;;;;;2*-1/p+2
- InChIKey: JOSWYUNQBRPBDN-UHFFFAOYSA-P
- SMILES: [NH4+].[NH4+].[O-][Cr](=O)(=O)O[Cr](=O)(=O)[O-]
Synonyme und gängige Bezeichnungen
Gemeldete Synonyme und alternative Bezeichnungen umfassen: Ammoniumbichromat; Ammoniumdichromat(VI); Diammoniumdichromat; Ammoniumdichromat; Ammoniumchromat ((NH4)2Cr2O7); Dichromsäure-Diammoniumsalz; Chromsäure (H2Cr2O7) Diammoniumsalz; Bichromate d'ammonium. (Diese Namen werden in Industrie und Wissenschaft austauschbar für das gleiche stöchiometrische Material verwendet.)
Industrielle und kommerzielle Anwendungen
Funktionelle Rollen und Anwendungssektoren
Ammoniumdichromat wurde historisch als Oxidationsmittel, Beizmittel und Zwischenprodukt bei der Pigmentherstellung verwendet. Dokumentierte funktionelle Rollen umfassen den Einsatz in der Pyrotechnik (z. B. „Vesuv“ oder „Vulkan“-Effekte), als Fotogravur- und Lithografiesensibilisator, Beizmittel für Färbe- und Textilverfahren, Katalysatoren und Katalysatorvorstufen, Herstellung von Chromalaun und Chromoxidpigmenten, Hilfsmittel beim Gerben von Leder sowie als Laborsubstanz zur Erzeugung von reinem Stickstoff. Außerdem wurde es als oxidimetrischer Standard in der analytischen Chemie genutzt.
Typische Anwendungsbeispiele
- Pyrotechnische Effektmittel, bei denen durch schnelle exotherme Zersetzung ein voluminöses farbiges Rückstand entsteht.
- Beizen in Färbeprozessen und Herstellung bestimmter Pigmente (historische/industrielle Anwendungen).
- Fotogravur- und lithografische Sensibilisierung (als Bestandteil von chromsäurehaltigen Lösungen oder Salzen).
- Laborreagenz: Quelle für Stickstoff und Oxidationsmittel in spezifischen Synthese- oder Analyseverfahren.
Aufgrund der Toxikologie und regulatorischen Beschränkungen im Zusammenhang mit Cr(VI) sind viele historische Anwendungen heute kontrolliert, eingeschränkt oder durch weniger gefährliche Alternativen in der industriellen Praxis ersetzt.
Sicherheits- und Handhabungsübersicht
Gesundheits- und Umweltgefahren
Ammoniumdichromat ist ein gefährlicher oxidierender Feststoff und eine Quelle von sechswertigem Chrom (Cr(VI)). Für Cr(VI)-Verbindungen sind Gesundheitsgefahren wie akute Toxizität bei Aufnahme und Einatmung, schwere Haut- und Augenverätzung/-reizung, Haut- und Atemwegssensibilisierung, Mutagenität und Kanzerogenität, reproduktionstoxische Wirkungen sowie Organschäden bei wiederholter Exposition dokumentiert. Relevante Expositionswege sind Einatmen von Staub/Feststoff- oder Aerosolpartikeln, Hautkontakt und orale Aufnahme. Die Verbindung ist sehr toxisch für aquatische Organismen und kann langfristige Umweltschäden verursachen; Einleitungen ins Wasser sind zu vermeiden.
Akute und subakute Erscheinungen umfassen Reizungen der Atemwege, Nasenulkationen, Dermatitis, systemische Effekte (Leber- und Nierenschäden) und bei schweren Vergiftungen durch orale Aufnahme Multiorganversagen. Es gibt kein spezifisches, allgemein anerkanntes Antidot bei Cr(VI)-Vergiftungen; eine rasche klinische Behandlung erfolgt symptomatisch und kann eine Reduktionstherapie (z. B. experimentell mit hochdosiertem Ascorbat), Dekontamination sowie Organunterstützung umfassen.
Lagerungs- und Handhabungshinweise
Empfehlungen zur Handhabung und Lagerung entsprechen der oxidierenden, toxischen und ätzenden Natur der Substanz:
- Lagerung in dicht verschlossenen Behältern an einem kühlen, trockenen, gut belüfteten Ort, getrennt von brennbaren Stoffen, Organika, Reduktionsmitteln und Säuren; feuerfeste Lagerung wird empfohlen.
- Staubbildung vermeiden und Zündquellen kontrollieren; nicht in der Nähe von Lebensmitteln oder Futtermitteln lagern.
- Verwendung geeigneter technischer Schutzmaßnahmen (Absaugung, geschlossene Systeme) und Atemschutz, wenn Staub oder Aerosole auftreten können; Verwendung von Schutzhandschuhen, Schutzbrille/-schild und kompletter Schutzkleidung zur Vermeidung von Hautkontakt.
- Verschüttungen: keine brennbaren Absorptionsmittel (z. B. Sägespäne) verwenden. Verschüttetes Material auffangen und in nicht brennbare Behälter geben; bei Bedarf Anfeuchten zur Staubunterdrückung, Verwendung nicht brennbarer Werkzeuge. Neutralisation und Reduktion von wässrigen Freisetzungen mit Reduktionsmitteln (z. B. Natriumbisulfid) möglich, Chrom-Fällung als unlösliche Cr(III)-Verbindungen vor Entsorgung gemäß Vorschriften.
- Brandbekämpfung: als Oxidationsmittel kann es die Verbrennung beschleunigen; umliegende brennbare Materialien mit Wassernebel löschen und Behälter kühlen. Keine brennbaren Absorptionsmittel zur Reinigung von oxidatorhaltigen Verschüttungen verwenden. Zersetzungsprodukte enthalten Stickstoffoxide und Chromoxide, die toxisch sind – geeigneten Atemschutz und Auffangmaßnahmen für Löschwasser einsetzen.
Für detaillierte Gefahren-, Transport- und Regulierungsinformationen sollten Anwender das produktbezogene Sicherheitsdatenblatt (SDS) sowie lokale Vorschriften konsultieren.