Tubocurarin (16-22-6) Physikalische und Chemische Eigenschaften

Tubocurarin Struktur
Chemisches Profil

Tubocurarin

Pflanzlich gewonnenes Benzylisochinolin-Alkaloid, historisch als nicht-depolarisierender neuromuskulärer Blocker verwendet; relevant für Wirkstoffforschung, Formulierungsentwicklung und analytische Qualitätskontrolle.

CAS-Nummer 16-22-6
Familie Benzylisochinolin-Alkaloide
Typische Form Kristallines Pulver (freie Base oder Chloridsalze)
Übliche Reinheitsgrade EP, USP
In der pharmazeutischen Forschung & Entwicklung sowie als analytisches Referenzmaterial verwendet, erfordert Tubocurarin bei der Beschaffung die Spezifikation der Salzform und des Hydratationszustands; Formulierungs- und QC-Arbeitsabläufe konzentrieren sich auf Löslichkeit, Auswahl des Salzes sowie Identitäts- und Gehaltsbestätigung mittels chromatographischer und massenspektrometrischer Verfahren.

Tubocurarin ist ein Benzylisochinolin-Alkaloid aus der Stoffklasse der quartären Ammonium-Naturstoffe. Strukturell besteht es aus fusionierten isochinolin-abgeleiteten Ringen mit mehreren Methoxy- und phenolischen Substituenten und einem permanent positiv geladenen Stickstoffzentrum (formal monokationisch). Die Summenformel lautet \(\ce{C37H41N2O6+}\); der quartäre Stickstoff macht das Molekül unter normalen wässrigen Bedingungen zu einem festen Kation, was sowohl die pharmakokinetischen als auch physikalischen Eigenschaften stark beeinflusst.

Elektronisch kombiniert das Molekül lokalisierte aromatische Systeme mit polaren Substituenten (zwei Wasserstoffbrücken-Donoren und sieben Akzeptoren, topologische polare Oberfläche 80,6 Ų). Obwohl der berechnete XLogP3 bei 6 liegt, reduzieren die permanente positive Ladung und die hohe Polarität die passive Membranpassage und effektive Lipophilie in wässrigen Medien deutlich; folglich dominieren renale Ausscheidung und begrenzte Gewebeverteilung die Elimination. Der Charakter als quartäres Ammonium eliminiert zudem ein klassisches Protonierungs-Gleichgewicht (kein freier basischer pKa-Wert für die ionisierte Form).

Tubocurarin besitzt eine etablierte klinische und historische Bedeutung als nicht-depolarisierender nikotinerger Antagonist zur Induktion der Skelettmuskelrelaxation während der Anästhesie. Seine klinische Nutzung ist durch relativ lange Wirkungsdauer und Nebenwirkungen wie Histaminausschüttung sowie kardiovaskuläre Effekte eingeschränkt; die moderne Praxis ersetzt es weitgehend durch Wirkstoffe mit günstigeren Pharmakokinetiken und höherer Sicherheit. Übliche im Handel verfügbare Reinheitsgrade für diesen Stoff sind: EP, USP.

Grundlegende physikochemische Eigenschaften

Dichte und Feststoffform

Physikalische Beschreibung: Feststoff; berichtet als weiß bis hellbraunes kristallines Alkaloid, geruchlos. Die Kristalle bilden hexagonale und pentagonale Mikroplättchen aus Wasser; der Stoff kann in verschiedenen hydratisierten Formen vorliegen (einschließlich Pentahydrat bei Chloridsalzen). Mehrere Feststoffformen (wasserfrei und hydratisierte Salze) sind für Chlorid- und andere Salzformen beschrieben; Hydrate bilden sich leicht in feuchter Atmosphäre.

Schmelzpunkt

Mehrere Schmelz- bzw. Zersetzungstemperaturen wurden für unterschiedliche Salz-/Hydratformen und Präparate angegeben. Berichtswerte umfassen: - "Nadeln aus Wasser; mp: 268 °C (Bubbling); spezifische optische Drehung: -258° @ 20 °C (c=0,38) für das wasserfreie Salz /Chlorid, l-Form/". - "Wasserefreies Material (Zersetzung 274–275 °C) nimmt in feuchter Atmosphäre Wasser bis zur Pentahydrat-Stufe auf, Zersetzung ca. 270 °C. Spezifische optische Drehung: +190° @ 22 °C/D; +219° @ 23 °C/D (c=0,785 in Methanol). UV-Absorptionsmaximum (H2O): 280 nm (E=118, 1 %, 1 cm). /Chlorid, d-Form/". - "Kristalle, Zersetzung ca. 236 °C (Bubbling); spezifische optische Drehung: +185° @ 25 °C/D; bis +195 °C (c=0,5 in H2O) ... /Dimethylether/".

Beim Umgang mit einem spezifischen Präparat sollte das Schmelz-/Zersetzungsverhalten der jeweiligen Salz-/Hydratform zugeschrieben werden, da sich die Zersetzungstemperaturen mit Hydratationsgrad und Gegenion unterscheiden.

Löslichkeit und Auflösung

Löslichkeitsangaben variieren je nach Salzform und Lösungsmittel: - "Löslichkeit (25 °C): ca. 50 mg/l Wasser; aber übersättigte Lösungen bilden sich leicht. Auch eine Löslichkeit von ca. 1 g/40 ml Wasser; ca. 1 g/75 ml Ethanol wurde berichtet. Ebenfalls löslich in Methanol. Unlöslich in Pyridin, Chloroform, Benzol, Aceton, Ether. /Chlorid, d-Form/". - "Löslich in Wasser, verdünnter Natronlauge, wenig löslich in Alkohol, in verdünnter Salzsäure, Chloroform. Praktisch unlöslich in Benzol, Ether. /Dimethylether/". - Berichtete numerische Löslichkeit: 3,23e-04 g/L (Wert ohne zusätzlichen Kontext). - Weitere Angaben: "LÖSLICHKEIT IN WASSER CA. 300 MG/100 ML" (präparatspezifischer Bericht).

Interpretation: Die Wasserlöslichkeit hängt stark vom Gegenion, Hydratationszustand und der Kristallinität ab; Übersättigung und variable Hydratbildung sind häufig beobachtete Phänomene. Die permanent positiv geladene Spezies ist wasserlöslicher als neutrale Benzylisochinoline, jedoch können kristalline Salze relativ geringe scheinbare Löslichkeit zeigen und übersättigte oder metastabile Phasen bilden.

Chemische Eigenschaften

Säure-Base-Verhalten und Qualitativer pKa

Für diese Eigenschaft liegt im aktuellen Datenkontext kein experimentell etablierter Wert vor.

Qualitativer Hinweis: Die isolierte Struktur liegt als permanent geladenes quartäres Ammonium-Kation (formale Ladung +1) vor, daher ist der klassische Säure-Base-pKa für Protonierung am quartären Zentrum nicht anwendbar. Metabolische N‑Demethylierung (minorer hepatischer Stoffwechselweg) wandelt den quartären Charakter zu tertiären Aminen in Metaboliten um, die Säure-Base-Gleichgewichte zeigen können.

Reaktivität und Stabilität

Stabilitätsmerkmale aus experimentellen Berichten: - Lichtempfindlich (für Chloridformen dokumentiert). - Bei Erhitzung auf Zersetzung setzt die Verbindung toxische Nitroxid-Dämpfe frei. - Hinweise zur Lagerung und Handhabung zeigen, dass das wasserfreie Material Feuchtigkeit aufnimmt und Hydrate bildet; Hydrate und Salze zeigen unterschiedliches Zersetzungsverhalten.

Reaktivitätsbetrachtungen: Das Molekül enthält phenolische Hydroxylgruppen und Methoxygruppen benachbart zu aromatischen Systemen; oxidative Degradation der phenolischen Gruppen und oxidative N‑Demethylierung (in vivo) sind chemisch plausibel. Der quartäre Ammoniumcharakter verleiht geringe Flüchtigkeit und reduziert die Anfälligkeit gegenüber Säure-Base-Hydrolyse, jedoch können thermische Zersetzung und Photodegradation auftreten.

Molekulare Parameter

Molekulargewicht und Formel

  • Molekulargewicht: 609,7 (laut Angabe).
  • Molekulare Formel: \(\ce{C37H41N2O6+}\).
  • Exakte Masse / Monoisotopische Masse: 609,29646203.
  • Formale Ladung: 1.
  • Anzahl der schweren Atome: 45.
  • Anzahl definierter stereogener Zentren: 2.

LogP und Strukturmerkmale

  • XLogP (berechnet): 6.
  • Topologische polare Oberfläche (TPSA): 80,6.
  • Wasserstoffbrücken-Donoren: 2.
  • Wasserstoffbrücken-Akzeptoren: 7.
  • Zahl der drehbaren Bindungen: 2.
  • Komplexität: 990.

Interpretation: Der berechnete hohe XLogP ergibt sich aus einem überwiegend aromatischen, polyzyklischen Gerüst; jedoch reduzieren die permanente positive Ladung und die erheblichen polaren Substituenten die effektive passive Verteilung in lipophile Kompartimente deutlich. Das messbare pharmakokinetische Verhalten (rasche renale Ausscheidung, geringe Gewebeverteilung) reflektiert die ionisierte, hydrophile Disposition trotz der berechneten Lipophilie des neutralen Gerüsts.

Strukturelle Identifikatoren (SMILES, InChI)

  • SMILES: CN1CCC2=CC(=C3C=C2[C@@H]1CC4=CC=C(C=C4)OC5=C6[C@@H](CC7=CC(=C(C=C7)O)O3)[N+](CCC6=CC(=C5O)OC)(C)C)OC
  • InChI: InChI=1S/C37H40N2O6/c1-38-14-12-24-19-32(42-4)33-21-27(24)28(38)16-22-6-9-26(10-7-22)44-37-35-25(20-34(43-5)36(37)41)13-15-39(2,3)29(35)17-23-8-11-30(40)31(18-23)45-33/h6-11,18-21,28-29H,12-17H2,1-5H3,(H-,40,41)/p+1/t28-,29+/m0/s1
  • InChIKey: JFJZZMVDLULRGK-URLMMPGGSA-O
  • (Kennungen werden exakt wie angegeben dargestellt.)

    Kennungen und Synonyme

    Registrierungsnummern und Codes

    • CAS (für diesen Eintrag angegeben): 16-22-6
    • EC-Nummer: 886-985-5
    • UNII: W9YXS298BM
    • ChEBI: CHEBI:9774
    • ChEMBL: CHEMBL339427
    • DrugBank: DB01199
    • HMDB: HMDB0015330
    • KEGG: C07547
    • DSSTox Substance ID: DTXSID0048393

    Weitere Registrierungs- und interne Sammelkennungen sind in analytischen und pharmakologischen Quellen vorhanden; die obige Liste enthält die primären berichteten Registry-Schlüssel.

    Synonyme und generische Bezeichnungen

    Gängige Synonyme (aus den berichteten Namen ausgewählt): - Tubocurarin - d‑Tubocurarin - Tubocurare - Tubocurarin - (+)-Tubocurarin - Tubocurarin-Ion / Tubocurarin-Kation - Delacurarin - Isochinolin-Alkaloid - Tubocurarinchlorid (und verschiedene Hydrat-/Salzformen)

    (IUPAC- und erweiterte systematische stereochemische Namen existieren ebenfalls für die quartären Spezies und deren Chloridsalze; geschützte und zurückgezogene Synonyme wurden für Salz- und Hydratformen dokumentiert.)

    Industrielle und pharmazeutische Anwendungen

    Rolle als Wirkstoff oder Zwischenprodukt

    Tubocurarin ist ein klassisches nicht-depolarisierendes neuromuskuläres Blockierungsmittel und nikotinischer Rezeptorantagonist. Die primäre historische Anwendung war als intravenöses Skelettmuskelrelaxans zur Unterstützung der chirurgischen Anästhesie, Intubation und bei Verfahren, die eine ausgeprägte Muskelentspannung erfordern. Es wirkt durch kompetitive Blockade der postsynaptischen nikotinischen Acetylcholinrezeptoren an der neuromuskulären Endplatte.

    Die klinische Anwendung hat zugunsten von Wirkstoffen mit besser vorhersehbaren Wirkungsdauern und weniger kardiovaskulären Nebenwirkungen abgenommen, jedoch bleibt die Verbindung ein prototypisches Kurare-Alkaloid für pharmakologische Studien und als Ausgangspunkt für semisynthetische Derivate (z. B. Metocurine).

    Formulierungs- und Entwicklungskontexte

    Dokumentierte pharmazeutische Darreichungsformen umfassen Chloridsalze und hydratisierte Formen; die USP-Chloridpräparation wurde als sterile Lösungskonzentrationen vermarktet (beispielsweise 3 mg/mL und 15 mg/mL Injektionslösungen). Die Derivatisierung (Methylierung zur Bildung von Dimethyl- oder anderen quartären Derivaten) erzeugt semisynthetische Analoga mit variierender Potenz und Pharmakokinetik. Für die Formulierungsentwicklung sind die Auswahl des Gegenions, die Kontrolle des Hydratstadiums sowie die Kontrolle der kristallinen Form entscheidend für eine konsistente Löslichkeit und Dosierleistung.

    Wenn eine kurze, produktspezifische Anwendungsvorlage für Beschaffung oder Entwicklung benötigt wird, sollte die Auswahl anhand der Salzform, Qualität und des erforderlichen pharmakokinetischen / handhabungsbezogenen Profils erfolgen.

    Spezifikationen und Qualitäten

    Typische Qualitätsstufen (Pharmazeutisch, Analytisch, Technisch)

    Typische Qualitätsstufen, die für Tubocurarin und dessen Salze anwendbar sind: - Pharmazeutische Qualität (z. B. USP) — vorgesehen für sterile Injektionsformulierungen; kontrolliert hinsichtlich Identität, Wirksamkeit und sicherheitsrelevanten Verunreinigungen. - Pharmakopöisch/European Pharmacopoeia Qualität (EP) — standardisiert für Laborübergreifende Konsistenz, insbesondere für die klinische Anwendung. - Analytische Qualität — für Nachweismethoden und analytische Referenzstandards. - Technische / Forschungsqualität — für nicht-klinische Forschungen und präparative Chemie.

    Für diesen Stoff wurden kommerzielle Qualitäten mit EP- und USP-Status berichtet.

    Allgemeine Qualitätsmerkmale (qualitative Beschreibung)

    Zu berücksichtigende Qualitätsmerkmale bei Beschaffung und Spezifikation: - Salzform und Hydratationszustand (Chlorid, Iodid, Pentahydrat, wasserfrei) beeinflussen stark Löslichkeit, optische Drehung und Schmelz- bzw. Zersetzungsverhalten. - Optische Drehung ist ein sensibler Indikator für enantiomere Reinheit und Hydrat-/Salzform (berichtete Werte variieren je nach Präparation). - Kontrolle von Restlösungsmitteln und Gegenionsreinheit ist wichtig für Injektionsformulierungen. - Photostabilität und Feuchtigkeitsaufnahme sollten beurteilt werden; Lichtempfindlichkeit und Hydratbildung sind bekannt.

    Exakte Grenzwerte für Gehalt, Verunreinigungen und Anforderungen an das Analysezertifikat sind fallabhängig zu definieren; spezifische numerische Akzeptanzkriterien werden hier nicht angegeben.

    Sicherheits- und Handhabungsübersicht

    Toxikologisches Profil und Expositionsüberlegungen

    Wesentliche toxikologische und Expositionsinformationen: - Wirkungsmechanismus: kompetitive Antagonisierung der nikotinischen Acetylcholinrezeptoren an der neuromuskulären Endplatte mit Folge einer schlaffen Lähmung; Histaminfreisetzung und ganglionäre Blockade tragen zu Hypotonie und Bronchospasmus bei. - Akute Gefährdung für den Menschen: Atemlähmung kann bei klinischen und supraklinischen Dosen auftreten; eine intravenöse Dosis von 30 mg führte bei bestimmten Salzformen in den meisten Erwachsenen innerhalb von Minuten zum Atemstillstand. - Nicht-humantoxizität (ausgewählte berichtete Werte): LD50 Ratte ip 210 µg/kg; LD50 Ratte im 500 µg/kg; LD50 Maus ip 410 µg/kg; LD50 Maus sc 560 µg/kg (Werte wie angegeben). - Wechselwirkungen: zahlreiche Arzneistoffe (bestimmte Aminoglykosid-Antibiotika, Magnesiumsalze, Chinidin usw.) verstärken die neuromuskuläre Blockade; Cholinesterasehemmer (z. B. Neostigmin) antagonisieren die Blockade bei Umkehrung und werden klinisch mit antimuskariner Schutzmedikation (Atropin) eingesetzt. - Erste Hilfe und Behandlung: bei schwerer Exposition Atem- und Kreislaufunterstützung; Umkehr der neuromuskulären Blockade mit Anticholinesterase-Mitteln plus antimuskariner Schutzmedikation ist bei Indikation Standardverfahren.

    Dieser Wirkstoff ist biologisch aktiv und potenziell tödlich, da er die Atemmuskulatur lähmt; die Handhabung erfordert geschultes Personal mit entsprechendem medizinischem Backup bei klinischer Anwendung.

    Lager- und Handhabungshinweise

    • Lagerung: bei kontrollierter Raumtemperatur lagern; Gefrieren bei wässrigen oder formulierten Präparaten vermeiden. Lichtempfindliche Salzformen vor Licht schützen.
    • Handhabung: geeignete persönliche Schutzausrüstung verwenden, um Exposition durch Injektion oder andere Wege zu verhindern; Einatmen von Pulvern vermeiden und Staub kontrollieren. Technische Schutzmaßnahmen wie Abzug und Belüftung bei Handhabung von kristallinen Massen einsetzen.
    • Entsorgung: Abfälle gemäß lokalen Vorschriften und institutionellen Vorgaben für gefährliche pharmazeutische und toxische Chemikalien entsorgen; Umwelteintrag vermeiden.

    Für detaillierte Gefahren-, Transport- und Regulierungsinformationen sollten Anwender das produktspezifische Sicherheitsdatenblatt (SDS) sowie die lokale Gesetzgebung konsultieren.